
Wir heißen Kinder Gottes und sind es (1. Joh. 3). Die Bibel spricht an vielen Stellen über den Status unserer Kindschaft. Aus diesem Status erwachsen Würde und Berufung, auf deren Basis wir unsere Gaben in Gottes Dienst stellen dürfen. Manchmal jedoch können wir dieser Kindschaft Gottes nicht vertrauen.
Die Tochter des Königs
Seht, die Tochter des Königs!“
Sie schubsen einander in die Rippen,
Suchen den besten Platz sie zu erblicken,
Recken sich, machen den langen Hals:
Stimmengewirr auf dem ganzen Platz!
Murmelnd bilden sie ein langes Spalier.
Stolze Wachen öffnen bereits die goldene Tür.
Musik ertönt mit fröhlichem Klang,
Der Zug ist begleitet mit Tanz und Gesang.
„Seht die Tochter des Königs!“
Die Kutsche zieht ein mit Blumen geschmückt,
staunend sind alle zur Seite gerückt.
Zuerst traben die starken Rosse vorbei
Dann wird der Blick auf die Königstochter frei:
Ein leiser Aufschrei durchzieht die Menge
Hoffnung und freudige Erwartung im Gedränge
Wandeln sich jäh in Staunen und Entsetzen:
Tränen hier und da in den Augen blitzen.
„Seht, die Tochter des Königs!“
Da ist sie: ungeschminkt im häaren Gewand
Hält ein auf Papier eine Schrift in der Hand
„Was kann ich schon?“ „Wer soll ich sein?“
Ist ihre Sprache im fahlen Schein.
Alle sind still – was ist gescheh‘n?
Solch‘ Königstochter hat noch keiner geseh’n!
Hoffnung und Freude sind verschwunden,
Ratlosigkeit durchzieht die Runde.
„Seht, die Tochter des Königs!“
Inzwischen erreicht der Zug sein Ziel.
Und es ertönt lautes Fanfarenspiel.
Am Tor mit Würde und Macht ist erschienen
Der König-Vater die Tochter zu ehren.
Glücklich geht er seinem Kind entgegen
Ausgestiegen will sie ihm auf Knien begegnen,
Da zieht er sie hoch und sieht sie an:
Mein Kind, was haben sie Dir getan?
Wem hast Du geglaubt, was hast Du gehört,
was hat Dein Leben so verstört?
Warum folgtest Du nicht meiner Stimme
Welcher Spruch verschloss Dir die Sinne?
Langsam hebt die Tochter den Blick,
Ihre Zettel fallen achtlos auf den Boden zurück.
Augen der Barmherzigkeit und Liebe sehen sie an –
„Vater, bitte vergib“, so flüstert sie dann.
Plötzlich – spürbar wie ein leises Säuseln
sieht man das Papier im Luftzug kreiseln.
Der Wind weht es in einen Teich ganz sacht.
Besiegt sind die Worte der Lügen-Macht.
„Seht, die Tochter des Königs!“
Der Vater zieht die Tochter an sein Herz.
Vergessen sind aller Bann und Schmerz.
Verändert steht sie im leuchtenden Gewand.
Das Volk beobachtet es gespannt.
Die Musiker spielen, der Tanz beginnt.
Strahlend stark steht des Königs Kind:
Schön ist sie, vollständig und fein –
Begeistert stimmt das Volk mit ein:
„Seht, da ist die Tochter des Königs“
Dankend und doch zögernd nimmt sie den Jubel an.
Da legt der König ihr einen goldenen Ring auf die Hand.
„Mein geliebtes Kind“ so liest sie die gravierte Schrift
Endlich versteht sie die Handlung des Lichts.
Mit Ehrfurcht sieht sie zum Vater hinüber,
dann nimmt sie den Ring und streift in sich über.
Das Volk jubelt, der Himmel singt:
ihr Leben als Königstochter beginnt.
„Seht, da ist die Tochter des Königs!“
©sandy bloeck_01.2021