
Immer wieder wurde in Zeiten von Kriegen und Zerstörung in christlichen Kreisen die Endzeit vermutet. Niemand kennt Zeit noch Stunde, in der diese Dinge geschehen. Was ist unsere Aufgabe, wenn wir die Endzeit vermuten? Fatalistisches Ausharren und Stillhalten? Was würde Jesus tun? Ich bin sicher, er würde weiter lieben und barmherzig sein bis zum Schluss. Denn Gott hat eigentlich einen Friedensplan – bis zum Schluss (Mt. 24, Ps. 121, Ps.126, Lk 15:11-32).
Zuletzt
So viel Schweres hat dieser Tage unsere Seelen geritzt
und unsere Herzen von innen und außen mit Mutlosigkeit überzogen.
So viel Trauer hat unsere Herzen bleischwer befüllt
und unseren Mut hoffnungslos zerrinnen lassen wie Wasser…
Denn unsere Seelen haben täglich als Zuschauer
das Entsetzen in den Augen der Verlorenen erblickt,
Ihre stummen Schreie der Angst und Verzweiflung vernommen
und die Scham und die Tränen unserer Hilflosigkeit gespürt.
Unsere Hände jedoch waren nicht leer im Geben
und dennoch konnten sie das Leid nie lindern,
den Hass nicht brechen, die Mordlust nicht zügeln
oder den Wahn der Machtgier aufhalten.
Unsere Herzen waren nicht zu hart im Fühlen
und dennoch konnten sie weder das Elend heilen,
noch die Zerstörung von den Versehrten abwenden
oder zur Umkehr und Barmherzigkeit rufen.
Unsere rufenden Stimmen wurden nicht gehört.
Sie verhallten im Getöse des Kriegsgeschreis,
ungehört blieben sie stumm und ohne Klang
die Mundbilder in den Blitzen der Gefechte verzerrt.
Verschämt hoben wir unsere Augen auf zu den Bergen
und hielten Ausschau nach starker Hilfe,
wohl wissend um unser aller Verbrechen und Schuld –
wo mochte der sein, der Himmel und Erde gemacht hat?
Aber ach! Himmel und Erde, wir konnten es sehen,
versanken gerade verursacht durch Gier und Herrschsucht
taumelnd im Chaos der Meere und Gewalten,
bäumten sie sich auf zu einem letzten verzweifelten Tanz…
Geschaffene und Geschaffenes – einst so schön und geliebt –
nun zerstört und bloß, vergewaltigt und entehrt…
Wie können wir je das Erbarmen über uns von dem erhoffen,
der Himmel und Erde einst schön und liebevoll erdacht hatte,
Der Leben wie an Kristallleuchtern einst ordnete mitten im All:
zerbrechlich und robust zugleich, genau und fein justiert
ausgedacht bis in das kleinste Detail zum Unterpfand seiner Liebe,
ein Liebesbrief, ein Ort der Hingabe und der Fülle.
So blieb uns nur die Flucht in die wankenden Berge,
Schuld und Angst waren allzeit in unserem Gepäck.
Da warfen die Berge mit letzter Kraft Steine und Feuer auf uns,
und das salzige Wasser wollte tosend unsere Füße verschlingen.
Selbst die Höhlen und Abgründe wollten uns ausspucken.
Alle Arten der Feldfrüchte waren schon lange verdorrt.
Die Hitze des Tages fand des Nachts keine Kühlung
und machte unsere Kehlen rau, ließ sie verstummen…
Wir stiegen höher hinauf, auf den heiligen Berg –
Wir hatten keine andere Wahl, überall sonst war der sichere Tod.
Die Erde wankte unter uns, wir aber suchten Ihn, den Herrn der Welt:
der Anker der Hoffnung, als den wir ihn einst gekannt hatten.
Wir wussten, wir mussten vor ihn treten, uns vor ihm niederwerfen
ihn stumm anzuflehen, zu weinen, und zu bitten um Vergebung
für so viel Zerstörung seines wunderbaren Thronsaals
und seien es unsere letzten Worte aus einer vergangenen Welt.
Wir wussten damals noch nicht, dass er zu seinem Wort stehen,
dass er sich tatsächlich als treu und gerecht erweisen
und uns von all unserer Ungerechtigkeit frei sprechen würde,
mit Liebe, Freundlichkeit und Trost in seinen Augen.
Wir hätten niemals gedacht, dass er uns mit offenen Armen
entgegen treten würde und von Herzen vergeben würde.
Es überstieg unser Verstehen, dass er sich über unsere Rückkehr freute
und uns einlud in sein Haus, in dem er einen Platz für uns bereitet hatte.
So viel Liebe konnten unsere Seelen nicht fassen und unsere Herzen nicht spüren!
Er gab uns Wasser des ewigen Lebens, das unsere Kehlen frisch benetzte,
das uns unsere Stimmen wiedergab, die dann ihm zur Ehre vielstimmig
und in Tönen sangen, die nie zuvor von uns gehört worden waren.
Der Schleier um unsere Seelen öffnete sich und wir konnten sehen,
dass er alles wusste und immer schon gekannt hatte.
Längst hatte er den Plan gehabt, uns als seine geliebten Kinder zu ihm zu führen,
um seine Freundlichkeit und Barmherzigkeit zu erweisen.
Wir hatten es nie verdient, aber er hatte es uns einfach geschenkt.
Nun sind wir wie die Träumenden, die noch nicht fassen, was sie sehen.
wir können nicht fassen, dass wir so glücklich sein dürfen
das wir leben dürfen in der Fülle seiner Herrlichkeit.
©sandy bloeck_06.2022